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KOMPLEXE

GARAGEN

KOMPLEXE

Garagen: Unterschlüpfe der Mobilität. Jenseits des Eigenheims ergeben sich zumeist komplexe Verschachtelungen. Garagenhöfe. Ansammlungen von Toren – und vor allem ein Phänomen der DDR und des Ostblocks. Aber nicht nur! Es gibt sie in allen Himmelsrichtungen.

Eine fotografische Spurensuche am Wegesrand, ein Sammlung architektonischer Gebilde im weitesten Sinne. Seit mehr als zehn Jahren in meinem Fokus. Einige davon sind schon spurlos verschwunden.

Auszüge aus einer großen Sammlung.


Hinter DEM Tor:
Geschichten vom Garagenhof

Die Fahr-Rad-Garage

Bevor Klaus Hanisch in seinen Renault Megane einsteigen kann, muss er sich für gewöhnlich erst einmal kräftig bewegen – und auf dem Fahrrad fast zehn Kilometer durch halb Leipzig radeln.

Genau: Radeln! Denn der Wagen steht normalerweise sicher und trocken geparkt in einer Garage im Stadtteil Wiederitzsch, ganz im Norden der Stadt. Die Hanischs wohnen aber ziemlich im Osten, in Anger-Crottendorf. Völlig andere Gegend, echt weit weg.

Seit den 70er Jahren besitzen sie ihre Garage. Haben sie damals selbst mit gebaut. Wie es so war: Als Mitglieder einer Garagengemeinschaft. Denn zu DDR-Zeiten waren nicht nur die Autos rar (und sie rosteten noch!) – Garagen und das Material dafür waren ebenfalls selten. Die Not machte erfnderisch und die Leute schlossen sich zusammen, um die mühsam erstandenen Trabis so lange wie möglich vor größeren Schäden zu bewahren. Denn die Wartezeit war lang.

Hanisch hatte einen Arbeitskollegen, der ihm den Platz in der Gemeinschaft vermittelte. Unzählige Samstage gingen dann für den Bau drauf. Wer die meisten Stunden hatte, konnte sich seine Wunschgarage aussuchen. Hanisch war weit vorn mit dabei. Die mit der Nummer 33 hat er sich schließlich ausgesucht.

Bis zur Wende wohnten die Familie im näher gelegenen Stadtteil Gohlis, der Trabant wartete brav in seiner Schachtel mit dem braunen Holztor. Danach sind die Hanischs dann in ihre heutige Wohnung umgezogen. Ihre Garage haben sie jedoch behalten. Drinnen hat Klaus Hanisch neben diversen Utensilien für die Autopflege auch eine ganze Sammlung mit Bildern von Autos und Motorrädern von damals an die Wand geklebt.

Selbst jetzt noch, mit über 80 Jahren, nimmt er diesen Aufwand – der mindestens 35 Minuten dauert und zahlreiche Schleichwege beinhaltet – gern in Kauf. Hält ja auch fit. Allerdings bleibt der Renault jetzt öfter als früher vor der Haustüre stehen. Und dafür das Fahrrad in der Garage…

Es folgt die Chronologie eines Transfers.


Trabi Voraus

Diese Begegnung war rein zufällig. Gerade hatte Rainer D. seinen grünen Trabant Kombi, Baujahr 1988, ein Stück aus der Garage Nummer 364 geschoben, als ich den Garagenhof im Süden von Halle erspäht habe. Nix wie hin. Hallo-sagen, ins Gespräch kommen. Die Garage: Selbst mit gebaut, den Trabi damals neu gekauft. Und behalten. Heutiger Zustand: Garagenwagen – so gut wie original. Innen liegt sogar noch eine Zeitung vom Herbst 1989 mit den wichtigen Grenzübergangsstellen gen Westen. Bewahrte Geschichte.

Im Juli und August darf der grüne Kombi übrigens frische Luft schnappen und wird ausgefahren in die Umgegend von Halle. Gemächlich und mit der spezifisch bläulichen Abgasfahne.
Bevor sein Besitzer den Garagenhof an diesem Sommertag verlässt, darf ich den Kombi noch aus der Garage bugsieren. Kein problem – und wie damals in den 90ern! Gelernt ist gelernt. Was für ein wunderbarer Flashback.


Werterhaltung.

Herr Oschmann streicht sein Tor. Er besitzt eine Fertiggarage aus den 60ern in Bad Dürrenberg. Damals aus einem Stück gegossen und per Tieflader angeliefert. Sauerkrautplatte und Holztor. Fast Bio.

Hinter den Toren